Geschäftsbericht 2021
Geschäftsbericht
2021
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Interview

«Wir haben gelernt, agil auf Veränderungen zu reagieren»

Trotz der Herausforderungen durch die Corona-Pandemie konnte das Spital Männedorf wieder schwarze Zahlen schreiben. Das Ergebnis ist vor allem der agilen Arbeitsweise und dem herausragenden Einsatz des Personals zu verdanken.

Verwaltungsratspräsidentin Beatrix Frey-Eigenmann und CEO Stefan Metzker im Gespräch

Das Spital Männedorf schliesst das Jahr 2021 mit einem Gewinn von 1,2 Millionen Schweizer Franken ab. Sind Sie zufrieden mit diesem Ergebnis?

Beatrix Frey-Eigenmann (B.F.-E.): Die Pandemie hat uns wiederum stark belastet und Spuren hinterlassen. Angesichts der Herausforderungen, die wir meistern mussten, ist es ein gutes Resultat, das nur dank dem enormen Einsatz aller Mitarbeitenden möglich war. Sie haben auch in diesem zweiten Pandemiejahr viel Agilität und Engagement bewiesen. Rein wirtschaftlich gesehen bin ich jedoch nicht zufrieden. Die Pandemie hat uns viel gekostet und uns in Bezug auf die Finanzierungsmöglichkeiten unserer Entwicklungsprojekte zurückgeworfen.

Stefan Metzker (S.M.): Anfang 2021 traf uns die zweite COVID-Welle hart und wir verzeichneten bereits Ende Februar ein Minus von einer Million Schweizer Franken. Dank dem Engagement der Mitarbeitenden und gezielten Massnahmen zur Verbesserung des Finanzergebnisses konnten wir die roten Zahlen in schwarze umwandeln. Zudem möchte ich betonen, dass wir trotz der schwierigen Umstände noch nie so viele Patientinnen und Patienten behandelt haben wie letztes Jahr.

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stationäre Patientinnen und Patienten

Noch nie gab es so viele stationäre Fälle.


Welche Auswirkungen hat dieses Ergebnis auf die künftige Entwicklung und Strategie des Spitals Männedorf? Mussten Sie in gewissen Bereichen die Handbremse ziehen?

B.F.-E.: Unsere Strategie hat sich bewährt, weshalb wir unsere Entwicklungsprojekte nicht gestoppt haben. Die Spitalleitung, der Verwaltungsrat und die Aktionärinnen und Aktionäre stehen voll dahinter. Unsere Vision ist es, dass die Menschen am rechten Zürichseeufer bis ins hohe Alter gesund und selbstständig bleiben und eine hohe Lebensqualität haben. Um das zu erreichen, möchten wir in der Region eine wichtige Drehscheibenfunktion in der integrierten Gesundheitsversorgung wahrnehmen. Das erfordert weitere Investitionen, namentlich im ambulanten Bereich.

S.M.: Im vergangenen Jahr haben wir einen wesentlichen Teil unserer Zeit für die Krisenbewältigung eingesetzt. Den Betrieb aufrechtzuerhalten, ohne die Investitionsfähigkeit zu beeinträchtigen, war ein Spagat. Die finanziellen Einbussen und zusätzlichen Vorhalteleistungen wurden weder von Bund und Kanton noch von den Krankenkassen vollumfänglich abgegolten. Deshalb klafft in der Rechnung immer noch ein Loch.

«Der Verwaltungsrat ist beeindruckt, wie professionell das Personal mit der Pandemiesituation umgegangen ist. Insbesondere die bedingungslose Patientenbetreuung hat uns imponiert.»
Beatrix Frey-Eigenmann, Verwaltungsratspräsidentin

Hatte die Pandemie auch positive Auswirkungen auf das Spital Männedorf?

S.M.: Die Pandemie hat gewisse Entwicklungen angestossen und beschleunigt. Zum Beispiel haben wir gelernt, agil auf Veränderungen zu reagieren. Das hat die Mitarbeitenden zusammengeschweisst. Auch die Gewissheit, dass wir in der Lage sind, mit Unsicherheiten umzugehen, hat uns gestärkt. Wir haben hierfür eine gesunde Bereitschaft zur Improvisation und verschiedene Werkzeuge entwickelt. Das gibt der Organisation ein gutes Gefühl.

B.F.-E.: Der Verwaltungsrat ist beeindruckt, wie professionell das Personal mit der Pandemiesituation umgegangen ist. Insbesondere die bedingungslose Patientenbetreuung hat uns imponiert. Obwohl die Mitarbeitenden nun schon zwei Jahre am Limit laufen, haben sie nie hinterfragt, weshalb eine Patientin oder ein Patient auf der COVID-Station liegt und ob man dies beispielsweise durch eine Impfung hätte vermeiden können. Alle Patientinnen und Patienten wurden trotz der hohen physischen und psychischen Belastung bestmöglich umsorgt.

«Die Gewissheit, dass wir in der Lage sind, mit Unsicherheit umzugehen, hat uns gestärkt.»
Stefan Metzker, CEO

In den Medien wurde immer wieder gesagt, dass während der Pandemie nicht die Anzahl Intensivbetten kritisch sei, sondern der Mangel an qualifizierten Fachkräften. Wie sieht die Personalsituation im Spital Männedorf aus? Was tun Sie, um die Mitarbeitenden zu halten?

S.M.: Die Herausforderung liegt bei uns weniger in der Fluktuation als im Personalschlüssel, also an der Anzahl Mitarbeitenden pro Patientin oder Patient. Dieser liegt bei COVID-Erkrankten höher als im Durchschnitt. Obwohl fast alle Stellen besetzt waren, konnten wir deshalb nur sechs der sieben vorhandenen Intensivbetten nutzen. Die Behandlung von COVID-Patientinnen und -Patienten in den letzten zwei Jahren hat viel Kraft gekostet und erforderte viel Organisationsgeschick bei der Planung der Betten und des Personals. Trotzdem haben wir uns Zeit genommen, um an der Kultur und an der Führung zu arbeiten. So versuchten wir, die Teamintegrität aufrechtzuerhalten. Finanzielle Anreize konnten wir keine geben, da mit den geltenden Tarifen kein Spielraum besteht. Hingegen haben wir immer auf einen ausgewogenen Personalschlüssel geachtet, um die Arbeitsbedingungen zumutbar zu halten.

B.F.-E.: Wir haben bereits vor der Pandemie viel in unser Personal investiert, was sich nun bezahlt macht. Die Erfahrung zeigt aber auch, dass man in einer Krise nur auf bestehende Strukturen abstützen und diese optimal nutzen kann. Versäumnisse bei der Infrastruktur oder Ausbildung von Fachkräften kann man während der Krise nicht wettmachen. Persönlich fände ich es nicht sinnvoll, die Intensivkapazitäten auf Spitzenbelastungen auszurichten. Das wäre sehr teuer. Allerdings hätten Bund und Kantone mit einer angemesseneren Entschädigung der Spitäler die bestehenden Intensivkapazitäten während der Pandemie besser nutzen können.

3. Platz

im Arbeitgeberranking

Kategorie Gesundheit und Soziales


Im April wurde das Impfzentrum in Meilen in Betrieb genommen und Ende Dezember öffnete es als Pop-up primär für Booster-Impfungen ein zweites Mal seine Tore. Wie ist es gelungen, das Impfzentrum innert kürzester Zeit in Betrieb zu nehmen?

B.F.-E.: Auf der politischen Ebene mussten wir die Gesundheitsdirektion davon überzeugen, dass dezentrale Impfzentren sinnvoll sind, weil man die Impfung so möglichst vielen Menschen rasch und niederschwellig zugänglich machen kann. Ein innert Wochenfrist von der Spitalleitung erarbeitetes Konzept zeigte zudem, dass dezentrale Impfzentren effizient und kostengünstig betrieben werden können. Die politische Initiative und Unterstützung der Aktionärsgemeinden unter der Führung des Verbands für Gemeindepräsidien des Kantons Zürich hat sicher dazu beigetragen, dass wir ein Impfzentrum realisieren durften. Meilen als Standortgemeinde hat die Lokalität zur Verfügung gestellt und uns beim ganzen Aufbau tatkräftig unterstützt.

S.M.: Neben der Unterstützung der Aktionärsgemeinden war viel Einsatz auf Seiten des Spitalpersonals notwendig. Den Grundstein legte unser gut abgestimmtes Leitungsteam, welches das Konzept innert weniger Tage auf die Beine stellte. Auf diese Leistung bin ich sehr stolz. Auch die Zusammenarbeit mit der Gemeinde Meilen war hervorragend.

«Die Zusammenarbeit mit der Gemeinde Meilen war hervorragend.»
Stefan Metzker, CEO

Die Strategie des Spitals Männedorf berücksichtigt die Verlagerung von der stationären in die ambulante Medizin. In diesem Zusammenhang haben Sie ein ambulantes Zentrum in Meilen angekündigt. Welche Überlegungen stehen dahinter? 

B.F.-E.: Wir haben im ambulanten wie auch im stationären Bereich ein Fallwachstum und stossen an infrastrukturelle Grenzen. Darum, und weil stationäre und ambulante Abläufe unterschiedlich sind, kamen wir zum Schluss, die beiden Bereiche organisatorisch und räumlich zu trennen. Dabei haben wir verschiedene Standorte evaluiert und uns für Meilen entschieden. Neben der zentralen Lage im Bezirk und dem guten Anschluss an die öffentlichen Verkehrsmittel ist der Vorteil von Meilen, dass bereits ein privates Bauprojekt vorliegt für eine Arealüberbauung mit Wohnungen, Läden und Dienstleistungen im Bereich Gesundheit und Wellness. Dies ermöglicht es uns, zusammen mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sowie weiteren Partnern ein breites ambulantes medizinisches Angebot bereitzustellen. Auch Kundinnen und Kunden, Mieterinnen und Mieter sowie Dienstleistende des Areals profitieren vom abgestimmten Nutzungsmix.

S.M.: Die Hausarztpraxen der Region werden ebenfalls vom ambulanten Zentrum profitieren. Vorgesehen ist eine Permanence, die zusammen mit ihnen betrieben wird und sie entlastet. Auf diese Weise können wir proaktiv Versorgungslücken entgegenwirken, die beispielsweise durch Schwierigkeiten in der Nachfolgeregelung oder bestehende Kapazitätsengpässe der hiesigen Arztpraxen entstehen würden.

«Wir haben im ambulanten wie auch im stationären Bereich ein Fallwachstum.»
Beatrix Frey-Eigenmann, Verwaltungsratspräsidentin

Gibt es weitere Ausbaupläne? 

S.M.: Ein Spital muss seine Infrastruktur alle 30 bis 40 Jahre modernisieren. Nun steht der Ersatz des Bettentrakts aus den 1960er Jahren an. Diesen haben wir bereits mehrfach renoviert, aber das reicht nun nicht mehr aus. Nach zwei Jahren Pandemie ist die Bereitstellung der finanziellen Mittel für ein solches Projekt eine grosse Herausforderung. Wir sind aber zuversichtlich, dass wir den Neubau zeitnah in Angriff nehmen können.

Das Jahr 2021 bildete die Basis für die Spitalliste 2023. Wie hat sich das Spital Männedorf aufgestellt, um wieder auf die Liste zu kommen?

S.M.: Um die Bedürfnisse der regionalen Bevölkerung abzudecken, haben wir unser Angebot in den letzten Jahren stetig weiterentwickelt. Neben der Grundversorgung können wir den Menschen in der Region wohnortnah hochspezialisierte diagnostische medizinische Leistungen anbieten. Unserer Kooperation mit dem Universitätsspital Zürich kommt dabei eine wichtige Rolle zu.

B.F.-E.: Wir haben uns auf unsere Stärken konzentriert. So können wir heute neben einer soliden Grundversorgung in verschiedenen Disziplinen Behandlungen auf höchstem medizinischen Niveau anbieten. Zudem haben wir dank gezielten Kooperationen mit vor- und nachgelagerten Gesundheitsdienstleistern ein Netzwerk für eine durchgehende Behandlungskette geschaffen. Gemeinsam mit unseren Partnern wollen wir diese zum Wohl der Bevölkerung in der Region weiter ausbauen.